Kooperationsprojekt "Bienen in der Stadt" des NABU mit der RAG Montan Immobilien GmbH ist kein Einzelfall, im Gegenteil: Am 11.05.2023 veröffentlichte eine seiner Arbeitsgruppen, die BAG Hymenoptera, ein Positionspapier mit dem Titel Honigbienen in Naturschutzgebieten – eine ernsthafte Gefahr für Wildbienen?. Daraus werden einige Auszüge zitiert (ohne Korrektur der vielen Orthographie- und vor allem Grammatikfehler) und anschließend kommentiert:Blasen in Sozialen Medien, der verstärkte Einsatz von Desinformation, selbsternannte Spezialisten und populistische Methoden wie Fake News verpflichten den NABU als überparteilicher Naturschutzverband, der großes Vertrauen in Bevölkerung und Institutionen besitzt, einen auf naturwissenschaftlichen Fakten beruhenden Naturschutz. [...]
Diese Völker nehmen die angestammte Ökosystemfunktion der Art Honigbiene in den heimischen Pflanze-Bestäuber-Netzwerken ein, auch wenn sie weitgehend vom Menschen gehalten werden. Der Ursprung der oft emotional geführten Konkurrenz-Diskussion kommt aus Regionen, in denen es natürlicherweise keine Honigbienen (A. mellifera) gibt (Australien, Nord- und Südamerika). Die aus Europa, West-Asien oder Afrika stammende Westliche Honigbiene ist dort eine Invasive Art. Sie wird im neuen Verbreitungsgebiet als Nutztier klassifiziert, welches in der Landwirtschaft für die Bestäubung von Kulturpflanzen gezielt eingesetzt wird. [...]
Die Honigbiene ist im natürlichen Verbreitungsgebiet aber nicht nur ein Nutztier, sondern auch eine einheimische Bienenart, die schon lange bevor es eine industrialisierte Landwirtschaft gab, überall Blüten besucht und bestäubt hat. [...]
Wildbienen und Honigbienen ergänzen sich oft im Besuch der heimischen Blüten und die Studienlage zeigt deutliche Synergieeffekte in Ertrag und Fruchtqualität.
Honigbienen sind global gesehen eine bedeutende Art in der Landwirtschaft. Königinnen und ganze Völker werden über Landes- und sogar auch über kontinentale Grenzen hinaus verschickt und gehandelt. Mit dem internationalen Handel und der globalen Bedeutung für Agrarökosysteme geht möglicherweise auch die globale Ausbreitung von Bienen Krankheiten einher. [...] Alle möglichen Gruppen von Arthropoden sind mit den in der Honigbiene identifizierten Viren infiziert. Sie wurden schlicht bei der Honigbiene als gut untersuchte Modellart frühzeitig entdeckt. Vorhanden sind sie in anderen Organismen seit Millionen von Jahren. Dies gilt auch für Bienengattungen wie Osmia Megachile oder Lassioglossum. Die Bewertung der von Honigbienen verursachten Übertragung von Viren auf andere Organismen hat sich also in letzter Zeit relativiert. [...] Um den Schutz insbesondere vor neuen, durch den internationalen Honigbienenhandel importierte Pathogene zu verbessern sollte ein Verbringen von Bienenvölkern in oder in die Nähe von solchen Schutzzonen besser veterinärmedizinisch begleitet werden als bisher.
Bahnbrechende Erfolge wie das Volksbegehren „Rettet die Bienen!” wären ohne imkerliche Unterstützung kaum denkbar gewesen. Imker und Imkerinnen sind mit ihrem Kampf und den juristischen Erfolgen gegen systemische Pflanzenschutzmittel die wichtigsten Verbündeten des NABU im Kampf für den besseren Schutz insbesondere der Naturschutzgebiete.
Es kann aus unserer Perspektive nicht das Ziel des NABU Deutschlands sein, die nach wie vor gute Positionierung dieser sozialen Insekten im Umweltbildungsbereich zu schwächen. Im Gegenteil scheint es auch aus der Naturschutzperspektive notwendig wieder mehr für das positive Image der Honigbiene zu machen. [...]
Eine Gleichsetzung bzw. sogar höher Bewertung der Honigbiene als Gefahrenquelle in Relation zu den identifizierten weitreichenden Gefährdungsfaktoren ist anhand der wissenschaftlichen Datenlage für die BAG nicht ableitbar. Totalverbote von Honigbienen in und an Schutzgebieten machen aus unserer Perspektive zum heutigen Kenntnisstand daher wenig Sinn, da die Honigbiene eine einheimische Bienenart und somit fester Bestandteil in jedem natürlichen Bestäubernetzwerk ist. Schutzgebiete, die leider mittlerweile durch fehlende Bestäuber gekennzeichnet sind, zusätzlich noch weitere Bestäuber zu entziehen, ist ein großes Risiko für die Biodiversität und kann aus unserer Perspektive nicht ad hoc von Naturschutzbehörden ohne wissenschaftliche Daten über die ökosystemaren Konsequenzen dieses Entzugs angeordnet werden. [...]
Pauschale Haltungsverbote ohne dedizierte Betrachtung halten wir auch angesichts der in und an Naturschutzgebieten stattfindenden landwirtschaftlichen Nutzung für nicht angebracht. Wir sehen aufgrund der Dichteabhängigkeit der möglichen Konkurrenzeffekte die Notwendigkeit die Diskussion in Richtung Umweltkapazität zu schärfen. Wie viele Honigbienenvölker kann eine Landschaft aufnehmen, ohne dass die Wildbienendichte und Artenvielfalt darunter leidet? Welche negativen Effekte auf Wildbienen könnten verstärkt werden, wenn man die obere Kapazitätsgrenze einer Landschaft für Honigbienen beispielsweise durch Wanderimkerei temporär oder dauerhaft überschreitet? In anderen Worten: jede geschützte Landschaft, in der es blüht, hat eine bestimmte Umweltkapazität für Honigbienen Völker, die ermittelt werden muss. [...] Diese Szenarien müssen auf der Landschaftsebene untersucht und modelliert werden. Ultimativ für eine Lösung ist die Erarbeitung von naturschutzfachlichen Richtlinien die auf Grundlage wissenschaftlicher Daten basieren. [BAG Hymenoptera: Positionspapier "Honigbienen in Naturschutzgebieten – eine ernsthafte Gefahr für Wildbienen?"]
Diese Völker nehmen die angestammte Ökosystemfunktion der Art Honigbiene in den heimischen Pflanze-Bestäuber-Netzwerken ein, auch wenn sie weitgehend vom Menschen gehalten werden. Der Ursprung der oft emotional geführten Konkurrenz-Diskussion kommt aus Regionen, in denen es natürlicherweise keine Honigbienen (A. mellifera) gibt (Australien, Nord- und Südamerika). Die aus Europa, West-Asien oder Afrika stammende Westliche Honigbiene ist dort eine Invasive Art. Sie wird im neuen Verbreitungsgebiet als Nutztier klassifiziert, welches in der Landwirtschaft für die Bestäubung von Kulturpflanzen gezielt eingesetzt wird. [...]
Die Honigbiene ist im natürlichen Verbreitungsgebiet aber nicht nur ein Nutztier, sondern auch eine einheimische Bienenart, die schon lange bevor es eine industrialisierte Landwirtschaft gab, überall Blüten besucht und bestäubt hat. [...]
Wildbienen und Honigbienen ergänzen sich oft im Besuch der heimischen Blüten und die Studienlage zeigt deutliche Synergieeffekte in Ertrag und Fruchtqualität.
Honigbienen sind global gesehen eine bedeutende Art in der Landwirtschaft. Königinnen und ganze Völker werden über Landes- und sogar auch über kontinentale Grenzen hinaus verschickt und gehandelt. Mit dem internationalen Handel und der globalen Bedeutung für Agrarökosysteme geht möglicherweise auch die globale Ausbreitung von Bienen Krankheiten einher. [...] Alle möglichen Gruppen von Arthropoden sind mit den in der Honigbiene identifizierten Viren infiziert. Sie wurden schlicht bei der Honigbiene als gut untersuchte Modellart frühzeitig entdeckt. Vorhanden sind sie in anderen Organismen seit Millionen von Jahren. Dies gilt auch für Bienengattungen wie Osmia Megachile oder Lassioglossum. Die Bewertung der von Honigbienen verursachten Übertragung von Viren auf andere Organismen hat sich also in letzter Zeit relativiert. [...] Um den Schutz insbesondere vor neuen, durch den internationalen Honigbienenhandel importierte Pathogene zu verbessern sollte ein Verbringen von Bienenvölkern in oder in die Nähe von solchen Schutzzonen besser veterinärmedizinisch begleitet werden als bisher.
Honigbiene als „Naturbotschafterin” und Kooperationen mit der Imkerschaft
Die Honigbiene ermöglicht Menschen aller Altersklassen einen niederschwelligen Zugang zum Reich der Insekten. [...] Es ist aber festzuhalten, ohne die Honigbiene und ihren faszinierenden Verhalten hätte sich kein Bewusstsein für die Notwendigkeit eines Insektenschutz bei uns entwickelt. [...]Bahnbrechende Erfolge wie das Volksbegehren „Rettet die Bienen!” wären ohne imkerliche Unterstützung kaum denkbar gewesen. Imker und Imkerinnen sind mit ihrem Kampf und den juristischen Erfolgen gegen systemische Pflanzenschutzmittel die wichtigsten Verbündeten des NABU im Kampf für den besseren Schutz insbesondere der Naturschutzgebiete.
Es kann aus unserer Perspektive nicht das Ziel des NABU Deutschlands sein, die nach wie vor gute Positionierung dieser sozialen Insekten im Umweltbildungsbereich zu schwächen. Im Gegenteil scheint es auch aus der Naturschutzperspektive notwendig wieder mehr für das positive Image der Honigbiene zu machen. [...]
Eine Gleichsetzung bzw. sogar höher Bewertung der Honigbiene als Gefahrenquelle in Relation zu den identifizierten weitreichenden Gefährdungsfaktoren ist anhand der wissenschaftlichen Datenlage für die BAG nicht ableitbar. Totalverbote von Honigbienen in und an Schutzgebieten machen aus unserer Perspektive zum heutigen Kenntnisstand daher wenig Sinn, da die Honigbiene eine einheimische Bienenart und somit fester Bestandteil in jedem natürlichen Bestäubernetzwerk ist. Schutzgebiete, die leider mittlerweile durch fehlende Bestäuber gekennzeichnet sind, zusätzlich noch weitere Bestäuber zu entziehen, ist ein großes Risiko für die Biodiversität und kann aus unserer Perspektive nicht ad hoc von Naturschutzbehörden ohne wissenschaftliche Daten über die ökosystemaren Konsequenzen dieses Entzugs angeordnet werden. [...]
Pauschale Haltungsverbote ohne dedizierte Betrachtung halten wir auch angesichts der in und an Naturschutzgebieten stattfindenden landwirtschaftlichen Nutzung für nicht angebracht. Wir sehen aufgrund der Dichteabhängigkeit der möglichen Konkurrenzeffekte die Notwendigkeit die Diskussion in Richtung Umweltkapazität zu schärfen. Wie viele Honigbienenvölker kann eine Landschaft aufnehmen, ohne dass die Wildbienendichte und Artenvielfalt darunter leidet? Welche negativen Effekte auf Wildbienen könnten verstärkt werden, wenn man die obere Kapazitätsgrenze einer Landschaft für Honigbienen beispielsweise durch Wanderimkerei temporär oder dauerhaft überschreitet? In anderen Worten: jede geschützte Landschaft, in der es blüht, hat eine bestimmte Umweltkapazität für Honigbienen Völker, die ermittelt werden muss. [...] Diese Szenarien müssen auf der Landschaftsebene untersucht und modelliert werden. Ultimativ für eine Lösung ist die Erarbeitung von naturschutzfachlichen Richtlinien die auf Grundlage wissenschaftlicher Daten basieren. [BAG Hymenoptera: Positionspapier "Honigbienen in Naturschutzgebieten – eine ernsthafte Gefahr für Wildbienen?"]
Dazu einige Kommentare bzw. Richtigstellungen:
- Die Selbstverpflichtung zu einem "auf naturwissenschaftlichen Fakten beruhenden Naturschutz" wird, obwohl eigentlich selbstverständlich, im Text immer wieder beschworen, aber nicht eingelöst: Belege (zitierte Quellen) für die Behauptungen fehlen ebenso wie plausible Schlußfolgerungen, insbesondere für eine Kooperation mit der Imkerschaft. Im Detail:
- Die Biene der Imker ist nicht wirklich eine einheimische Bienenart: Von der Westlichen Honigbiene (Apis mellifera) sind über 20 an regionale Klimate angepaßte Unterarten bekannt, die das Papier nicht einmal erwähnt. Die heimische Unterart und Nominatform (Apis mellifera mellifera, auch "Dunkle Honigbiene") war von den Pyrenäen über Schottland und Südskandinavien bis Rußland verbreitet, wurde jedoch seit dem 19. Jahrhundert, vor allem nach dem 2. Weltkrieg, von Imkern verdrängt und ausgerottet, die aus dem Süden und Südosten Europas zwei andere Unterarten importierten und auch kreuzten: Apis mellifera carnica und Apis m. ligustica, die mit größeren Volksstärken und (vermeintlicher) Friedfertigkeit höhere Honig-Erträge und leichtere Haltung erwarten ließen. Die einheimische Honigbiene ist wildlebend nur noch in winzigen Restbeständen an der Peripherie Europas zu finden, ihre Wiedereinführung wird von den meisten Imkern abgelehnt und sogar bekämpft – und durch die (von Imkern eingeschleppte) Varroa-Milbe erschwert.
- Die Honigbienen-Völker der Imker nehmen keineswegs die angestammte "Ökosystemfunktion" der Wildform ein: Verbreitet war die Dunkle Honigbiene nicht flächendeckend, als Waldart kam sie etwa in den baumarmen Regionen der Norddeutschen Tiefebene nicht vor. Die Zuchtformen der Imker sind dort also als unnatürliche Eindringlinge zu betrachten. In anderen Regionen kam die Wildform abhängig von Nistplatzangebot, Wetter und Antagonisten nie in so großen Mengen vor wie die heutigen Zuchtformen der Imker, also war ihre "Ökosystemfunktion" zwangsläufig viel bescheidener.
- Die "Konkurrenz-Diskussion" kommt keineswegs aus Regionen wie Australien und Amerika, wo es vor Kolumbus keine Honigbienen gab. Die Honigbienen-Haltung wurde spätestens in den 1980er Jahren als Problem erkannt und benannt, was sogleich Proteste aus der Imkerschaft auslöste.
- Der Begriff der "Konkurrenz" ist im übrigen irreführend, da Konkurrenz in Ökosystemen ganz natürlich ist: Soziale wie solitäre Bienen konkurrieren untereinander und auch mit Arten anderer Insektengruppen um Ressourcen (Pollen, Nektar, Nistplätze etc.). Probleme entstehen jedoch, sobald der Mensch (bzw. Imker) das in Jahrmillionen eingespielte Gleichgewicht unter den Arten stört und eine Art dominant wird: Während die Individuenzahlen (Abundanzen) der meisten Arten jahrzehntelang entsprechend ihren Lebensraum- und Nahrungsverlusten stark abnahmen, nahmen die Volkszahlen der Imkerbienen zu und die Individuenzahlen pro Volk ebenfalls; während die Populationen der Wildbienen mit den von Jahr zu Jahr unterschiedlichen Wetterperioden schwanken, sind die Zuchtformen der Honigbiene "vor Wind und Wetter", vor Nahrungsmangel, Prädatoren und Parasiten weitgehend geschützt – sie werden sogar massenweise von Wanderimkern zu nahrungsreichen Standorten transportiert, wo sie von einem Tag auf den anderen die Fortpflanzung von Wildbienen empfindlich stören bis unterbinden können. Das Problem unausgewogener Zahlenverhältnisse wird von der BAG Hymenoptera offensichtlich ignoriert.
- Infektionen "mit den in der Honigbiene identifizierten Viren" sind auch in ungestörten Ökosystemen zu beobachten, aber auch hier gilt: Wenn das Zahlenverhältnis von Wildbienen zu Imkerbienen massiv verschoben wird und Honigbienen weltweit gehandelt werden, verbreiten sich Bienen-Viren so schnell wie Corona-Viren. Bienen-Krankheiten lassen sich nicht dadurch verhindern, daß Honigbienen-Importe in Schutzzonen "besser veterinärmedizinisch begleitet werden", wohl aber durch den (erzwungenen) Verzicht auf Importe.
- Honigbiene als „Naturbotschafterin” [...]: Das ist nicht nur grammatisch falsch (es gibt auch männliche Honigbienen), sondern auch faktisch: Von allen Bienenarten eignen sich domestizierte Honigbienen am wenigsten dafür, "Bewusstsein für die Notwendigkeit eines Insektenschutz[es]" zu fördern: Ihre beobachtbaren Verhaltensweisen sind die eines Haustieres und ihre Zuchtformen die einzigen Bienen, die massiv vom Menschen profitieren und ihre Volks- und Individuenzahlen seit der Verdrängung der Wildform vervielfachen konnten. Würde jemand ernsthaft glauben, die Notwendigkeit des Vogelschutzes ließe sich am besten durch die Haltung von Wellensittichen oder einen Zoo-Besuch vermitteln?
- Die befürworteten "Kooperationen mit der Imkerschaft" sind kein Beleg für "einen auf naturwissenschaftlichen Fakten beruhenden Naturschutz", sondern taktisch motiviert und legen auch die Übernahme vieler Argumente der Imkerschaft nahe. Wenn die Aussage zuträfe, die Imker seien "die wichtigsten Verbündeten des NABU im Kampf für den besseren Schutz insbesondere der Naturschutzgebiete", sollte sich der NABU keine Hoffnung auf echte Erfolge im Naturschutz mehr machen. Im übrigen: Wenn in Baden-Württemberg ein Volksbegehren von Imkern angestoßen wurde, so ist das auch ein Beleg für die Trägheit der Naturschutzverbände.
- Die Hauptverursacher des Verlustes von Insektenarten und -populationen sind, wie die BAG zutreffend erkennt, die Intensivierung der Landwirtschaft, die zunehmende Habitat-Fragmentierung und der Verlust struktur- und blütenreicher Lebensräume (u. a. durch Versiegelung) und schließlich der Pestizid-Einsatz. Daraus läßt sich aber keineswegs eine Harmlosigkeit oder gar ein ökologischer Nutzen domestizierter Honigbienen ableiten. Absurd ist deshalb die Forderung, "fehlende Bestäuber" in Schutzgebieten durch Honigbienen zu ersetzen, um "ein großes Risiko für die Biodiversität" zu vermeiden. Echter Artenschutz fördert gefährdete "Bestäuber" und verhindert ihr Fehlen. (Erst rotteten Jäger den Wolf aus, dann "mußten" sie dessen regulatorische Arbeit übernehmen ...) Honigbienen sind keine Lösung des Problems (auch nicht zum Teil), sondern ein Teil (!) des Problems.
- Die Forderung, aufwendig "auf der Landschaftsebene" die "Umweltkapazität für Honigbienen" zu untersuchen, belegt klar die Auffassung der BAG, daß dem Anspruch der Imkerei auf Nutzung der Landschaft Vorrang einzuräumen sei vor grundsätzlichem Natur- und Artenschutz: Landschaften müssen Honigbienenvölker bis an "die obere Kapazitätsgrenze" aufnehmen; wenn sie diese überschreiten, könnten die "negativen Effekte auf Wildbienen [...] verstärkt werden" (d. h. es gibt sie weniger stark schon zuvor). Wenn Jahr für Jahr die "Kapazitätsgrenze" jeder geschützten Landschaft aufwendig bzw. teuer "ermitteln werden" müßte, um pauschale Imkerei-Verbote zu vermeiden, gäbe es jedes Jahr Hunderte bis Tausende von Streitigkeiten zwischen Naturschützern, Imkern und Parteien um Gutachten, die sich von Gutachter zu Gutachter methodisch unterscheiden dürften. Die Folge wäre ein verstärkter Rückgang der Wildbienen-Populationen – der Streit um die Fischfangquoten in Nord- und Ostsee läßt grüßen. (Nebenbei: Richtlinien sollten nicht "auf Grundlage wissenschaftlicher Daten basieren" sondern schlicht auf wissenschaftlichen Daten; Grundlage und Basis sind Synonyma.)
Natürlich sind pauschale Urteile keine guten (d. h. konkret begründeten) Urteile. In der Praxis macht es aber einen großen Unterschied, ob Haustiere wie Honigbienen auch in Schutzgebieten grundsätzlich gestattet sind und nur ausnahmsweise verboten werden oder ob sie umgekehrt grundsätzlich verboten und nur in einem begründeten Ausnahmefall gestattet werden. Was also sollte Regel, was Ausnahme sein? Für Naturschützer ist der Natur- und Artenschutz Standard – Haustiere gehören (wie Neozoen und Neophyten) grundsätzlich nicht in die freie Natur, folglich ist ein Wunsch nach einer Ausnahme durch wissenschaftliche Expertise und ohne Berücksichtigung menschlichen Eigennutzes zu entscheiden. Auch Naturschutzbehörden schließen Haus- und Nutztiere in den Satzungen ihrer Schutzgebiete regelmäßig aus, niemand käme dort auf die Idee, eine "obere Kapazitätsgrenze" für grasende Milchkühe und freilaufende Hunde zu bestimmen. - Die BAG Hymenoptera versteht sich ausweislich ihrer Aussagen eindeutig als Naturnutzer. Als Naturschützer würde sie andere Fragen stellen, z. B.: Hat es in dieser Region jemals wilde Honigbienen gegeben? Wäre Apis mellifera mellifera heute ein natürlicher Bestandteil des (über)regionalen Artenspektrums? Wie sind (über)regional die Chancen einer Wiederansiedlung der heimischen Dunklen Honigbiene zu bewerten? Fänden schwärmende wilde Honigbienen geeignete natürliche Hohlräume für die Gründung eines Nestes? Wie ließen sich Völker der Dunklen Honigbiene vor Bastardisierung mit Imker-Bienen und Befall durch die Varroa-Milbe schützen? Wie läßt sich die durch den globalen Handel mit Honigbienen-Königinnen und -Völkern geförderte globale Verbreitung von Pathogenen unterbinden? Welche Gesetze, Verordnungen etc. müßten wie geändert werden, um fremdländische Unterarten und die Zuchtformen der Honigbiene aus der freien Natur zu verbannen? Wie könnte man sie auf landwirtschaftlich genutzte Flächen beschränken? Wie lassen sich blütenreiche Biotope vor der Ausbeutung durch Imker-Bienen schützen? Wie lassen sich vor deren Zuchtbienen speziell solche (teils selten gewordene) Blütenpflanzen schützen, auf die oligolektische (= Pollen-spezialisierte) Wildbienen zur Fortpflanzung angewiesen sind? Gibt es in der Region bzw. in Mitteleuropa überhaupt Wildpflanzen, die auf die Bestäubung durch Honigbienen angewiesen sind?
- Einen Aspekt hat die BAG nicht einmal erwähnt: die Eigentumsrechte an den Landschaften. Kein Milchbauer würde sein Vieh unerlaubt in Naturschutzgebieten oder Privatgärten grasen lassen; Imker hingegen beanspruchen ohne Erlaubnis der Eigentümer (geschweige Gewinnbeteiligung) alle öffentlichen wie privaten Grundstücke als Nahrungsflächen für ihre Nutztiere. Eine für (vielleicht speziell oligolektische) Wildbienen angelegte Blühfläche kann über Nacht viel von ihrem Nutzen einbüßen, wenn ein Imker seine Beuten auf dem Nachbargrundstück aufstellt. Der Grund für das Vorrecht der Honigbienen: Sie sind privates Eigentum der Imker, Wildbienen hingegen herrenlos und somit schutzlos.
- Eine praktikable Lösung des Problems wäre die in der Bio-Landwirtschaft übliche "Flächenbindung": Bio-Betriebe halten nicht mehr Tiere, als sie mit ihren Flächen ernähren können, und die Gülle der Tiere wird im Sinne einer Kreislaufwirtschaft ausschließlich auf diesen Flächen ausgebracht, was die gefährliche Nitrat-Belastung von Böden und Grundwasser vermeidet. Für die Imkerei würde das bedeuten: Landwirte und Imker dürfen nur so viele Völker halten, wie sie mit eigenen (erworbenen, gepachteten, ihnen überlassenen) Blühflächen dauerhaft ernähren können. Das würde Imkern zudem eine Einkommensquelle schaffen in Fällen, in denen Landwirte nicht selbst imkern wollen.
- Seit dem 11.10.2023 ist auf der Web-Seite der BAG Hymenoptera eine leicht ergänzte (aber nicht korrigierte) Version herunterladbar; neben einer Literaturangabe findet sich am Ende dieser Hinweis: "Diese Stellungnahme ist die anhand aktueller Erkenntnisbasis die die Bundesarbeitsgruppe Hymenoptera entwickelt worden. [...]" Verstehe das, wer kann.
