Wildbienen von A bis Z
Naturfreunde, die sich erstmals für Wildbienen interessieren, sind schnell mit Fachbegriffen konfrontiert, die sie oft nicht kennen oder falsch oder ungenau interpretieren. Für den Einstieg in das Thema Wildbienen werden dem entomologischen (= 'insektenkundlichen') Laien und Leser dieser Website deshalb hier von A bis Z die wichtigsten Begriffe erklärt. Eine ausführliche Liste fast aller relevanten Fachtermini findet sich in der
allgemeinen bzw. Biologie-Sektion im Wildbienen-Glossar.
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: Symbole & Abkürzungen
- Pfeile und andere Navigationssymbole sind auf der SiteMap-Seite erklärt.
&
sind die aus dem Biologie-Unterricht bekannten Symbole für Weibchen (
) und Männchen (
). Außerdem gibt es Abkürzungen wie A für 'Arbeiterin' oder Fam für 'Familie' (siehe unten), die in der
allgemeinen & Biologie-Sektion unter "Abkürzungen" zu finden sind.
- Abdomen (bzw. Metasoma)
- Dieses Wort wird in der Insektenkunde ähnlich häufig verwendet wie der Thorax (= Bruststück). Abdomen meint in der Medizin 'Bauch' bzw. 'Unterleib', in der Insektenkunde hingegen den kompletten Hinterleib eines Insekts, und zwar die Bauch- bzw. Unterseite ebenso wie den (meist sichtbaren) Rücken und die Seiten. So gebräuchlich das Wort Abdomen auch ist, so unpräzise wird es oft für Bienen und verwandte Hautflügler verwendet: Da das (vom Kopf her gesehen) erste Segment des Abdomens breitflächig mit dem Thorax verwachsen ist, ist die "Wespentaille" der Bienen keine Engstelle zwischen Thorax und Abdomen, sondern eine Einschnürung innerhalb des Hinterleibs bzw. Abdomens. Der Körperteil vom Körperende bis zur "Wespentaille" ist daher korrekt Metasoma zu nennen und das sich anschließende Brustteil Mesosoma.
- Bienen
- Die Bienen gehören zu den sogenannten "Hautflüglern" (wissenschaftlich: Hymenoptera) sowie "Stechimmen" (Aculeata), also Insekten mit zwei häutigen Flügelpaaren und einem Wehrstachel, zu denen auch die "Wespen" (eine wissenschaftlich nicht klar definierte Gruppe) und die Ameisen gezählt werden. Im Flug sind je zwei Flügel durch einen speziellen Mechanismus miteinander verbunden; der Wehrstachel ist aus einem Legebohrer (Ovipositor) entstanden, so daß nur Weibchen stechen können. Bienen unterscheiden sich von Wespen nur zum Teil:
- Während Wespen ihren Nachwuchs mit Fleisch ernähren, verproviantieren Bienen ihre Brutzellen mit Pollen, sind also Vegetarier.
- Bienen wirken plumper, ihre "Wespentaille" ist sichtbar kürzer als die der schlanken fleischfressenden Verwandtschaft.
- Bienen wie Wespen können ganz unterschiedlich groß sein: Neben recht großen Arten wie der bekannten Erdhummel (einer Biene) oder der Hornisse (einer Wespe) gibt es winzige Erd- und Furchenbienen oder Gold- und Grabwespen, die Laien oft für Fliegen halten (obwohl diese nur zwei Flügel haben).
- Unterschiede in der Färbung bestehen nur scheinbar und sind kein verläßliches Unterscheidungsmerkmal: Viele Wespen weisen gar nicht die gelb-schwarze Streifung auf, die der Laie mit dem Begriff Wespe verbindet; andererseits gibt es etliche Bienenarten (etwa Wollbienen und viele Wespenbienen), die gelb-schwarz gestreift sind.
- Nur jeweils zwei staatenbildende Bienen- und Wespenarten werden dem Menschen gelegentlich gefährlich: Deutsche Wespe (Vespula germanica) und Gemeine Wespe (Vespula vulgaris) fühlen sich im Sommer zu Fleischwaren und süßen Nahrungsmitteln hingezogen, letztere reagiert oft aggressiv auf Annäherungen an ihr Nest. Auch die Honigbiene und die Baumhummel (Bombus hypnorum) sowie Erdhummel (Bombus terrestris) verteidigen mit Stichen ihr Nest, ein Interesse an unseren Nahrungsmitteln habe sie jedoch nie, weder in unseren Küchen noch auf unseren Terrassen. Alle solitären (= einzeln lebenden) Bienen wie Wespen verteidigen ihr Nest nicht.
- Die bekannte Honigbiene ist unter ca. 570 Bienenarten in Deutschland die einzige, die Honig produziert.
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Paarung der Wollbiene Anthidium manicatum: Der Clypeus ist beim und unterschiedlich |
- Clypeus
- Dieser breite "Kopfschild" zwischen der Oberlippe (Labrum) und dem Stirnschildchens eines Insektenkopfes (dort, wo bei Menschen die Nase sitzt) ist bei vielen Bienenarten auffällig weiß oder gelb gefärbt und ermöglicht oft die Unterscheidung zwischen Weibchen und Männchen und auch zwischen verschiedenen Arten.
- Diapause
- Entwicklungsruhe mit herabgesetztem Stoffwechsel während oder am Ende der Metamorphose, in Mitteleuropa zur Überbrückung der kalten Jahreszeit. Eine Biene kann als Larve, als Puppe oder als Vollinsekt (Imago) diapausieren.
- Entomologie
- Das ist die Wissenschaft von den Gliedertieren (Articulata), bes. von den Insekten bzw. Kerbtieren. Ein anderes Wort, das aber nur auf Insekten verweist, ist "Insektologie".
- Familie
- Gemeint ist nicht etwa eine Gruppe aus Elterntieren und ihrem Nachwuchs, sondern eine bestimmte Hierarchiestufe im biologischen System der Tier- oder Pflanzenarten (der Taxonomie): Eine Familie umfaßt mehrere miteinander verwandte Gattungen – manchmal auch nur eine einzige Gattung (siehe unten). Ein Familien-Name endet immer auf -idae. Viele deutsche Biologen bzw. Entomologen fassen alle mitteleuropäischen Bienen in einer Familie zusammen, andere Fachleute teilen sie in mehrere Familien auf.
- Gattung bzw. Genus, Plural: Genera
- Mit "Gattung" (französisch: "Genre") ist umgangssprachlich eine Literatur- oder Musikrichtung gemeint. In der Biologie ist eine Gattung eine Gruppe eng miteinander verwandter Arten, sie kann aber auch nur aus einer Art bestehen. Im zweiteiligen wissenschaftlichen Namen einer Art kommt der Gattungsname immer zuerst und wird groß geschrieben: Osmia bicornis z. B. ist die "Rostrote Mauerbiene". Bekannte und häufige Gattungen sind z. B. die Erd- bzw. Sandbienen (Andrena), die Mauerbienen (Osmia) und die Hummeln (Bombus).
Eine Art (Fachbegriff: Spezies) ist übrigens definiert als eine bestimmte Fortpflanzungsgemeinschaft – also z. B. alle Bienen, die sich untereinander uneingeschränkt fortpflanzen können, aber nicht mit Bienen einer anderen Art. Die Art ist der Schlüsselbegriff der biologische Systematik bzw. Taxonomie.
- Honig, Honigbiene
- Honig entsteht entweder aus Nektar (den Pflanzen aus ihren Nektarien absondern) oder aus "Honigtau" (einem Ausscheidungsprodukt etwa von Blattläusen), indem Honigbienen ihn mit körpereigenen Stoffen (Enzymen) anreichern und seinen Wasserergehalt teilweise verdunsten lassen. Honig besteht aus Fruchtzucker, Traubenzucker, Wasser, weiteren Zuckerarten sowie sehr geringen Mengen von Pollen, Mineralstoffen, Proteinen, Enzymen, Aminosäuren, Vitaminen, Farb- und Aromastoffen.
Honigbienen heißen "Honigbienen", weil sie die einzigen Bienen sind, die Honig produzieren. Wenn Laien von "Bienen" hören oder lesen, denken die meisten an die Honigbiene (Apis mellifera) – also an ein Bienenvolk, das in der Obhut eines Imkers für den Honig auf dem Frühstückstisch ebenso sorgt wie für die Bestäubung der Blüten von Obstbäumen, Robinien ("Akazien"), Gurken, Raps etc. Die Honigbiene ist jedoch nur eine von 561 Bienenarten in Deutschland; bis auf die Honigbiene sind alle diese Bienen "Wildbienen".
In Mitteleuropa ist nur eine Honigbiene heimisch: die "Dunkle Europäische Honigbiene" (Apis mellifera mellifera), eine Unterart der Westlichen bzw. Europäischen Honigbiene (Apis mellifera). Diese an unser Klima angepaßte winterharte Wildform wurde in Mitteleuropa zugunsten von Hochzuchtrassen aus dem Süden und Osten Europas fast vollständig ausgerottet, wird aber von Naturschützern inzwischen wieder in einigen Naturschutzgebieten angesiedelt. Domestizierte Honigbienen sind von der Fürsorge des Imkers abhängig, also alleine nicht mehr überlebensfähig; ihre umsorgten Völker sind größer als die der Wildform, und sie werden auch dort in großer Zahl gehalten, wo die Wildform nie vorkam.
- Imago, Mehrzahl: Imagines
- Eine Imago ist ein 'Vollinsekt', also das fertigentwickelte, meist aus einer Puppe geschlüpfte Insekt. Das Leben als Imago (die Imaginalphase) dient ausschließlich der Fortpflanzung und ist sehr viel kürzer als die Larvenphase (Larvalphase).
- Jugum
- Ein Jugum ist im Lateinischen ein 'Joch'; das (eher selten verwendete) Wort bezeichnet aber auch das Basisfeld im Vorderflügel eines Insekts.
- Kuckuck
- In der mitteleuropäischen Vogelwelt gibt es nur einen einzigen Kuckucksvogel, den jeder dem Namen nach kennt, aber kaum jemand jemals gesehen hat. In der Insektenwelt ist das anders: fast ein Viertel der Bienenarten sind Kuckucke, also Brut- oder Sozialparasiten, die den eigenen Nachwuchs nicht selbst versorgen, sondern eine andere Bienenart (einen Wirt) für die Aufzucht ihrer Nachkommen nutzen. Manch schwarz-gelb gezeichnetes Insekt, das Gartenbesitzer für eine Wespe halten, ist eine Wespenbiene der Gattung Nomada. Ein Brutparasit legt seine Eier heimlich in die Brutzellen anderer Bienenarten, seine Larve saugt das Wirtsei aus oder tötet die schon geschlüpfte Wirtslarve und verzehrt anschließend ihren Proviant; ein Sozialparasit (eine Kuckuckshummel) läßt seine Brut von den Arbeiterinnen einer anderen Bienen- bzw. Hummelart aufziehen.
- Larve, Larvalphase
- Eine Larve ist ein beinloses, wurmartiges Entwicklungsstadium. In der Entwicklung eines Insekts, der Metamorphose, ist die Larvalphase die Phase zwischen Ei und Puppe. Die Larvalphase vieler Bienenarten dauert viele Monate, zusammen mit der Puppenphase bis zu zehn bis elf Monate.
- Mandibeln
- Oberkiefer eines Insektenkopfes. Die Mundwerkzeuge des Unterkiefers sind die Maxillen; diese bilden zusammen mit der Unterlippe (dem Labium) den Saugrüssel.
- Nektar
- Blütenpflanzen locken mit Nektar Tiere an, die den Pollen dieser Pflanzen zu Blüten derselben Art transportieren. Nektar ist ein guter Energieträger, quasi das Flugbenzin der Bienen. Aus Nektar (und auch aus Honigtau, dem Ausscheidungsprodukt etwa von Blattläusen) erzeugen Honigbienen (und nur diese) durch körpereigene Enzyme Honig. Wenn Hummeln mit kurzem Rüssel den Nektar langkroniger Blüten nicht erreichen können, begehen sie Nektarraub bzw. Nektardiebstahl, indem sie die Blüten von außen aufbeißen.
- Oligolektie, oligolektisch
- Oligolektische Bienenarten sind Nahrungsspezialisten, die Pollen ausschließlich an Blütenpflanzen einer Pflanzenfamilie oder -gattung sammeln, im Extremfall sogar einer einzigen Pflanzenart. Eine alternative Bezeichnung für Oligolektie ist Monolektie. Nektar saugen viele oligolektische Bienen allerdings auch an anderen Blütenpflanzen. In Deutschland sind 30% der nicht-parasitischen Wildbienen oligolektisch; sie sterben aus, wenn sie ihre Futterpflanzen nicht mehr finden.
Das Gegenteil ist die Polylektie, polylektische Wildbienenarten sammeln als Nahrungs- bzw. Pollengeneralisten an Trachtpflanzen sehr vieler, wenn auch nicht unbedingt aller Familien. Diese Flexibilität ermöglicht einer Bienenart die Besiedlung vieler Lebensräume mit ganz unterschiedlichen Trachtpflanzen.
- Pollen
- Der Pollen ist der Blütenstaub einer Blüte, er hat die Aufgabe, die männlichen Sporen zu den weiblichen Blütenorganen zu transportieren. Pollen enthält u. a. Proteine, die z. B. Bienen als Larvennahrung dienen.
- Q: Wörter mit diesem Anfangsbuchstaben (etwa "Quieszenz") sind sehr selten, wie das Wildbienen-Glossar in der
allgemeinen & Biologie-Sektion zeigt.
- Ruhelarve
- auch: Vorpuppe. Die aus dem Ei geschlüpfte Larve frißt den Proviant ihrer Brutzelle und wächst bis zu einer Größe, in der sie sich verpupppen kann; dann unterbricht sie ihre Entwicklung und überwintert als Ruhelarve. Dieses Stadium (diese Diapause) kann bis zu 11 Monate dauern.
- solitäre & soziale Bienen
- Solitäre Bienen sind Einsiedlerbienen, also Arten, die alleine leben: Jedes Weibchen baut und verproviantiert sein eigenes Nest. Die große Mehrheit der Bienen lebt solitär; soziale Bienen hingegen leben regelmäßig in Gruppen ("Völkern", "Staaten") und sind hierarchisch organisiert in eine Königin (oder mehrere), Arbeiterinnen und Männchen (Drohnen); in Deutschland sind leben Honigbienen, Hummeln und etliche Furchenbienen sozial.
Die Begriffe solitär und sozial sind also nicht im umgangssprachlichen Sinne als 'eigenbrödlerisch' oder 'sozial gesinnt' zu verstehen, sondern als Fachausdrücke der Verhaltensforschung (Ethologie).
- Tarsus bis Trochanter
- Der Leser dieser Website wird immer wieder einer Reihe von Anatomie-Begriffen begegnen, die mit dem Buchstaben T beginnen, z. B.:
- Tarsus: der Insektenfuß, das letzte von fünf Gliedern des Insektenbeines, das wiederum in fünf Glieder (Tarsomeren) unterteilbar ist;
- Tergit: harter Panzerring auf dem Rücken des Hinterleibs eines Insekts; die harten Segmente auf der Unterseite des Abdomens sind die Sternite;
- Thorax: der mittlere Körperabschnitt, das Bruststück zwischen Kopf und Hinterleib; ein anderes, fast bedeutungsgleiches Wort ist Mesosoma;
- Tibia: die "Schiene", das vierte von fünf Gliedern des Insektenbeines; an den beiden hinteren Schienen besitzen einige Gattungen die Pollenkörbchen bzw. Scopae;
- Trochanter: der Schenkelring, das zweite von fünf Gliedern des Insektenbeines; das erste Glied ist die Hüfte (Coxa), nach dem Trochanter folgt der Schenkel (Femur), dann die Schiene (Tibia), schließlich der Fuß (Tarsus).
- univoltin
- Univoltine Bienen haben im Jahr nur eine Generation, d. h. ein Weibchen (eine Königin) produziert nur einmal im Jahr fortpflanzungsfähige Weibchen. Das Gegenteil stellen bivoltine Arten dar: Diese bringen eine zweite Generation im Jahr hervor.
- Varroa destructor, Varroose
- Als Varroose wird der Befall der Honigbiene durch die Varroa-Milbe (Varroa destructor) bezeichnet. Die ca. 1,6 mm kleine Milbe entwickelt sich in der Honigbienenbrut und beißt sich im Winter an der erwachsenen Honigbiene fest, um Blut zu saugen. Der Parasit wurde 1977 zusammen mit asiatischen Honigbienen (Apis cerana) von Wissenschaftlern in Deutschland eingeschleppt und sorgt in der Presse und im Internet immer wieder für Schlagzeilen.
Andere Bienenarten als die Honigbiene werden von der Varroa-Milbe nicht befallen. Wildbienen sind also durch sie nicht bedroht – mit einer Ausnahme: Varroa destructor schädigt nicht nur domestizierte Honigbienen, sondern auch die wilde "Dunkle Honigbiene" (Apis mellifera mellifera) und erschwert so deren Wiederansiedlung.
- Wildbienen
- Mit Wildbienen sind weder einem Imker entflohene und daher wild lebende Honigbienen noch wilde bzw. wild gewordene (Honig-) Bienen gemeint. Dieser Begriff wurde nur etabliert, um die in der freien Natur lebenden Bienenarten von der domestizierten Honigbiene des Imkers zu unterscheiden, die viele Menschen (einschließlich Journalisten) auch heute noch für die einzige Bienenart halten. Eigentlich sind alle mitteleuropäischen Bienen "Wildbienen", auch unsere heimische wilde Honigbiene, die "Dunkle Europäische Honigbiene" (Apis mellifera mellifera); diese an unser Klima angepaßte Wildform war einst weit verbreitet, wurde jedoch zugunsten von Hochzuchtrassen aus dem Süden und Osten Europas fast vollständig ausgerottet.
- Zoologie
- 'Tierkunde'. Ein Teilgebiet der Zoologie ist die Entomologie, also die Wissenschaft von den Gliedertieren (Articulata), besonders von den Kerbtieren (Insekten); ein Teilgebiet der Entomologie ist die Bienenkunde bzw. Apidologie.
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