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Fortpflanzungsbiologie

Mäusenest Hummeln sind staatenbildende Insekten. Wenn eine junge Königin den Winter im lockeren Erdreich überlebt hat, gräbt sie sich bereits Anfang März wieder ans Tageslicht, versorgt sich an den ersten Trachtpflanzen mit Nektar und sucht dann einen geeigneten Nistplatz: je nach Hummelart einen vorhandenen Hohlraum im, auf oder über dem Erdreich, der für ihre artspezifische Volksstärke groß genug ist oder erweitert werden kann. Hummelnester findet man deshalb in ehemaligen Mäusenestern, zwischen Steinen in einer Fels- oder Mauerspalte, in dichten Grasbüscheln, in Reisig- und Komposthaufen und in Baumhöhlungen – dort gerne in Vogelnestern – und in menschlichen Siedlungen sogar gelegentlich in Hohlblocksteinen und in offenen, unaufgeräumten Gebäuden (Schuppen) in Gerümpel sowie alten Matratzen und Polstermöbeln.

Der Platz muß trocken sein und sollte schon etwas Nistmaterial (Moos, Laub, feine Wurzeln, Tierhaare etc.) aufweisen, das die Königin zu einer Nestkugel verarbeitet. Am Eingang des Nestes entsteht ein erstes Nektartöpfchen (ca. 1 cm Ø x 2 cm Höhe), das etwas unpräzise auch "Honigtöpfchen" genannt wird und dessen Nektarvorrat (nicht Honigvorrat) die Königin sehr entlastet, da sie die ersten Arbeiterinnen ja ganz alleine aufziehen muß.

Während die Brutzellen der Honigbienen waagerecht übereinander mit seitlichen Öffnungen angeordnet sind und die Wespenzellen in jeder Etage senkrecht nebeneinander mit den Öffnungen nach unten aufgehängt werden, baut die Hummelkönigin ebenfalls senkrechte, aber oben offene "Näpfe".
    Wenn sie, wie dies bei den meisten Hummelarten der Fall ist, ihre stiftförmigen Eier auf den gesammelten Pollenvorrat legt und dann mit Wachs überdeckt, entsteht zunächst ein noch winziger Behälter, der stark luftdurchlässig ist und bebrütet wird. Die geschlüpften Larven ernähren sich zunächst von dem Vorrat, dann beißt die Königin den Napf auf und füttert sie durch die Öffnung. Aufgrund des schnellen Wachstums wird die Wiege ständig erweitert, es entsteht ein großes unförmiges und blasiges Gebilde, bevor die Larven im Alter von 8 Tagen jede für sich einen hellen, gelblichen Kokon spinnen (siehe auch Hummelnester "Hummelnester").

Hummelbrut

Nach 7 bis 10 Tagen schlüpfen dann die ersten, zunächst noch farblosen Arbeiterinnen, die infolge des noch begrenzten Nahrungsangebotes deutlich kleiner und mit nur 5–15 Individuen auch weniger zahlreich als die der folgenden Bruten sind. Bei einigen Arten, den sogenannten Pollenstorern, dienen die leeren Kokons fortan als Pollentöpfe, während andere Arten, die Pocketmaker, ihre Larven aus "Taschen" an der Basis der Brutwaben versorgen. Schon nach drei Tagen sind die Arbeiterinnen ausgefärbt, und einige von ihnen fliegen erstmals aus, so daß die Königin nun zu Hause bleiben kann. Die Arbeiterinnen sind in drei "Berufsgruppen" differenziert: die Pollensammler im "Außendienst", die Stockhummeln im allgemeinen "Innendienst" und die "Zofen", die sich ausschließlich um die Königin kümmern.

PollenstorerPocketmaker
Bombus alpinus, B. hypnorum, B. jonellus,
B. lapidarius, B. lapponicus, B. lucorum,
B. mendax, B. pratorum, B. pyrenaeus,
B. sichelii, B. soroeensis, B. terrestris,
B. wurfleini
Bombus argillaceus, B. distinguendus,
B. gerstaeckeri, B. hortorum, B. humilis
B. mesomelas, B. mucidus, B. muscorum,
B. pascuorum, B. ruderarius, B. ruderatus,
B. sylvarum, B. veteranus

Hummeln mit kurzem und mittellangem Rüssel erweisen sich grundsätzlich als Pollenstorer, langrüsselige Arten hingegen als Pocketmaker. Eine Ausnahme macht in gewisser Weise B. mendax, die Trughummel, die "trotz" ihres langen Rüssels den gesammelten Pollen in eigens hergestellten Pollenwaben lagert.

Peter Frank Rösler hat bei seinen Untersuchungen zur Entwicklung der Dunklen Erdhummel (Bombus terrestris) 1967 folgende Durchschnittswerte ermittelt (Zool. Jb. Physiol. 47; Laborhaltung bei 30°C, Angaben in Tagen):  
StadiumArbeiterinKöniginDrohn
Ei3,53,53,5
Larve7,310,510,0
Puppe9,413,211,0
Gesamtdauer20,227,224,5

Sind die Hummeln der ersten Brut noch auffallend klein, so werden die nächsten immer größer, bis schließlich auf dem Höhepunkt eines Hummelvolkes durch besonders nahrhaftes Spezialfutter und durch Hormone neue Königinnen entstehen. (Falls im Spätsommer dennoch sehr kleine Arbeiterinnen unterwegs sind, so handelt es sich um "Hungerformen" aus Maden, die nicht ausreichend versorgt werden konnten, was aufgrund rücksichtslosen Mähens immer wieder vorkommt.) Anschließend legt die Königin unbefruchtete Eier, aus denen Drohnen schlüpfen. Nun kann im Prinzip eine neue Generation für ein neues Hummeljahr gezeugt werden, aber das alte ist noch nicht zu Ende:
    Die "Zofen" rebellieren und treiben schließlich die alte Königin, die durch ihre lange Lebenszeit meist deutlich in Form eines kahlen Rückenschildes gezeichnet ist, aus dem Nest, was ihr Ende bedeutet. Anschließend verzehren sie die letzten Königinneneier und beginnen, selber Eier zu legen, die natürlich nicht befruchtetet sind, aus denen also Drohnen entstehen. Es kommt zu einem intensiven Wetteieressen und -legen, in dem jede "Zofe" versucht, möglichst viel männliche Nachkommen in die Welt zu setzen und möglichst viele ihrer Konkurrentinnen zu vernichten – offenbar in dem Bestreben, ihre eigenen Gene durchzusetzen: Aufgrund ihrer sexuellen Entstehung (durch Paarung) unterscheiden sich Arbeiterinnen und folglich auch ihre Söhne deutlich voneinander, während die durch "Jungfernzeugung" entstandenen Drohnen der Königin sich als Mehrlingsgeschwister genetisch ähneln.

Die einzige Aufgabe der Männchen besteht in der Begattung der Jungköniginnen, denen manche Arten in Nestnähe auflauern, während die meisten sie mit artspezifischen Duftbahnen anlocken. Schon bald nach der Befruchtung – also oft bereits im Hochsommer, bei einigen Arten erst im Spätsommer – suchen sich die Jungköniginnen ein geeignetes Winterquartier unter der Erde und graben sich für den Winterschlaf ein, während das gesamte übrige Volk eingeht. Das gilt allerdings auch für die meisten Königinnen: Nur eine von zehn wird im folgenden Frühling ein neues Volk gründen.

Bombus lapidarius
"Honigtopf" mit Nektar und Wabe in einem Steinhummel-Nest (Bombus lapidarius) · Solingen, 01.05.2013

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