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Solitärbienen-Umsiedlung?

Die Umsiedlung sozialer Bienen – also von Hummeln und Honigbienen – ist seit langem erprobt und wird von Spezialisten ebenso angeboten wie die Umquartierung von Hornissen- und anderen Wespenvölkern. Wie aber lassen sich Einsiedlerbienen umsiedeln? Ist ihre Umsiedlung überhaupt möglich und nötig?

Nötig wegen akuter Gefährdung von Menschen ist eine Umsiedlung nie, da von Solitärbienen keine Gefahr ausgeht: Selbst große Aggregationen von mehreren Tausend Bienen bleiben absolut friedlich und verteidigen ihre Nistgänge nicht. Außerdem sind Massenvorkommen auf nur wenige Wochen im Jahr beschränkt, in denen die weiblichen Bienen begattet werden, Hohlräume suchen oder selbst herstellen, Pollen und Nektar eintragen und Eier legen. Die meiste Zeit des Frühjahrs oder Sommers ist die betreffende Art gar nicht zu sehen. Dennoch sind drei Gründe für einen Umsiedlungsversuch vorstellbar:

  1. Der erste Grund ist rein psychischer Natur: Manche Menschen reagieren auch auf völlig harmlose Insekten "allergisch" und fühlen sich schon belästigt, wenn eine Biene in die Wohnung gelangt oder über die Terrasse fliegt. Erst recht geraten sie in Panik, wenn eine Aggregation von Hunderten von Solitärbienen an den schönsten Frühlings- oder Frühsommertagen die Nutzung des eigenen Rasens zu verwehren scheint. Da hilft es wenig, wenn man sie über solche Naturphänomene, ihre Harmlosigkeit und Vergänglichkeit aufklärt und z. B. Fliegengitter-Rahmen vor Fenstern und Terrassentür (zum Schutz vor allem der Bienen!) empfiehlt: Die Panik erscheint ebenso tief verwurzelt wie die Angst vor Spinnen (Arachnophobie).
        Könnte man eine große Nestansammlung im Rasen nicht an einen anderen Standort umsiedeln?
  2. Nistplätze im Boden oder in Mauern und Wänden gehen heutzutage regelmäßig verloren, wenn unbefestigte Trampelpfade durch Schotter verdichtet oder durch Asphalt versiegelt werden, wenn Magerrasen oder Ruderalflächen gedüngt und bepflanzt oder bebaut werden oder wenn alte Gebäude (Scheunen, Fachwerkhäuser etc.) abgerissen oder renoviert werden. Zwar sorgt der Denkmalschutz durchaus für den Erhalt historisch wertvoller Bausubstanz, aber nicht alle alten landwirtschaftlichen Gebäude sind schützenswert, und auch notwendige Erhaltungsmaßnahmen wie das Verfugen von Mauern und Verfüllen von Gefachen vernichten zwangsläufig Brutzellen.
        In solchen Fällen könnten Umsiedlungen gefährdete Arten retten, die dort ein im weiten Umkreis vielleicht letztes Refugium gefunden haben.
  3. Vor allem Mauerbienen, aber auch Lehmwespen gelangen auf der Suche nach geeigneten Hohlräumen immer wieder bis in den Arbeits- und Wohnbereich des Menschen. So findet man Nester etwa in Bauholzstapeln, in Hohlräumen von Fensterdichtungen, in Löchern von Regalen, in Spalten zwischen Pflanzgefäßen und Übertöpfen etc. Für den Bienennachwuchs sind solche Standorte lebensgefährlich: Entweder werden die Nester durch die Verwendung des Baumaterials, durch das Schließen eines Fensters etc. zerstört, oder die Bienen schlüpfen in einem winterwarmen Zimmer viel zu früh und gehen dann entweder an Nahrungsmangel zugrunde oder erfrieren, wenn sie nach draußen gelangen.
        Nicht jeder Bienenfreund kann es sich zudem leisten, auf Bienen als Untermieter Rücksicht zu nehmen: Das Bauholz ist vielleicht schon fertig gesägt und wird vor dem nächsten Frühjahr dringend benötigt, und das Ikea-Regal kann im Herbst nicht nach draußen unters Garagendach gestellt werden, nur um die Bienen vor der Heizungswärme zu schützen. Also ist eine Umsiedlung nötig.
Erdbienen-Aggregation

Möglich ist eine Umsiedlung prinzipiell, aber schwierig, denn es geht nicht um das Gemeinschaftsnest einer sozialen Art, das nach erfolgreicher Verlagerung von Arbeiterinnen repariert und weitergebaut wird, sondern um eine oft kaum überschaubare Anzahl von Einzelnestern, von denen möglichst viele unbeschädigt an einen anderen Standort gebracht und so gerettet werden sollen. Schauen wir uns also mögliche Umsiedlungsmethoden für unterirdisch und überirdisch nistende Arten an:

1. Erdnister

Immerhin 73% oder genau 278 der ca. 380 in Deutschland nestbauenden Wildbienenarten nisten im Erdboden, und etliche können an geeigneten Stellen großflächige Nestaggregationen bilden. Um diese ganz oder teilweise umzusiedeln, bedarf es eines triftigen Grundes, einer Genehmigung des zuständigen Umweltamtes und eines Fachmanns, der die Bienenart bestimmen und zu einer der jeweiligen Art angemessenen Vorgehensweise raten kann. Zwei Methoden der Umsiedlung sind nämlich denkbar: a) das Ausstechen von Erdblöcken und Umbetten in vorbereitete "Erdwannen" oder auf Erdflächen und b) das Aussieben der Kokons.

  1. Wenn die Nester einer Bienenart typischerweise nicht zu tief im Boden liegen und dieser Boden leicht feucht und kompakt ist, könnte man zum Zeitpunkt der Verpuppung einen Teil des Nistareals mit dem Spaten sauber ausstechen und die so gewonnenen "Erdwürfel" an anderer Stelle in eine ausgehobenen Bodenwanne setzen. Der neue Standort muß dem alten kleinklimatisch und hinsichtlich des Nahrungspotentials entsprechen, d. h. er darf nicht nasser oder kälter oder schattiger sein als der alte und muß geeignete Trachtpflanzen in der Umgebung aufweisen. Wenn der neue Standort gleichwertig oder gar besser ist und die Aktion nicht zu früh erfolgt, schlüpfen im nächsten Frühjahr dort gewiß Bienen und führen die Aggregation fort.
        In der Praxis sieht die Sache – abgesehen vom großen Arbeitsaufwand – möglicherweise noch etwas komplizierter aus, da etliche Probleme auftreten können:
  2. Allzu lockerer Boden macht ein Ausstechen völlig unmöglich. In diesem Fall bleibt nur die Option, ca. zwei Monate bis zur Verpuppung zu warten und den Boden dann zu sieben, um die Kokons an anderer, aber gleichermaßen geeigneter Stelle einzusetzen und so zu retten. Das ist ein schönes Stück Arbeit, deren Erfolg keineswegs garantiert ist ...

Die Umsiedlung von Erdbienen ist noch nicht umfassend erprobt. Erfahrungsberichte und gewonnene Erkenntnisse sollten also immer veröffentlicht und so dem Naturschutz nutzbar gemacht werden.

2. Oberirdische Nister

Solche Bienenarten bieten den Vorteil, daß sich ihre Nester besser als bei Erdnistern lokalisieren und mitsamt des umgebenden Substrats (Totholz bzw. Bauholzteile, Bruchstücke einer Lehmwand etc.) an einen neuen Standort bringen lassen. Folglich ist die Gefahr unbeabsichtigter Zerstörung geringer. Wieder gibt es zwei Methoden der Umsiedlung:

  1. Manchmal ergibt sich die Möglichkeit, ein oder mehrere Nester mitsamt dem umgebenden Substrat zu evakuieren. Lehmziegel oder morsche Balkenstücke z. B. lassen sich mit etwas Mühe aus einer Fachwerkwand sägen und an anderer, trockener Stelle in eine vorhandene Wildbienenwand integrieren oder zu einer neuen zusammenfügen. Lehmstücke sollte man in Kisten transportieren, um ein Zerbrechen zu vermeiden, und eventuell sogar darin aufstellen. Wenn die Umsiedlung erst nach der Verpuppung und mit dem nötigen Feingefühl erfolgt, ist sie auch erfolgreich.
        Manche Mauerbienen bauen in großen Hohlraum flächig angeordnete Nester. Diese kann man manchmal mit einem flachen Messer komplett vom Untergrund abtrennen und in einen "Nistkasten" überführen. Im warmen Frühjahr müssen die geschlüpften Bienen ihn verlassen können.
  2. Flächiges Nest von Osmia bicornis   "Findelkind-Station" in Nistkasten
    Flächiges Osmia-bicornis-Nest (links mit parasitierter Zelle) unter dem Innendeckel eines Hummel-Nistkastens vor der Umsiedlung in ...   ... eine "Findelkind-Station" hinter einer Schiebetür (unten) in einer Solitärbienen-Kombi-Nisthilfe für hohle Stengel und ein Demo-Brett (oben)

  3. Wenn sich nicht das ganze Nistsubstrat umsiedeln läßt, bleibt nur der Versuch, die Tiere selbst aus ihren Nistgängen zu evakuieren, was bei Mauerbienen (etwa der häufigen Osmia bicornis) durchaus möglich ist: Sobald die Larve ca. 7 Wochen nach dem Nestverschluß ihren Kokon gesponnen hat, kann man die Kokons herausholen: Man kratzt zunächst den äußeren Verschluß ganz vorsichtig etwa mit einem dünnen Schraubendreher auf und schaut in den Nistgang: Meist ist die erste Zelle dahinter leer. Dann öffnet man auch die erste nachfolgende Zwischenwand und versucht, den Kokon schonend herauszuschütteln. Falls das nicht möglich ist, kann man es notfalls mit einer Taschenlampe und sehr dünnem, weichem Draht versuchen. Dann bricht man die nächste Zwischenwand auf und holt die nächste Puppe. Mehr als zwei oder drei sind es oft nicht.
        Wenn alle Puppen evakuiert sind, werden sie in eine andere Nisthilfe umgesiedelt. Dabei schiebt man jede Puppe mit dem Hinterteil voran am besten in einen eigenen Nistgang, den man entweder mit einer dünnen Lehmwand oder locker einem kleinen Papierbällchen verschließt, das man aus einem winzigen Stück Küchenrolle oder Papiertaschentuch formt. Die von Hand besiedelte Nisthilfe muß den Herbst und Winter über draußen absolut trocken gelagert werden. Ab März müssen die Bienen bei warmen Temperaturen die Möglichkeit haben, den Behälter zu verlassen. Sicher ist eine erfolgreiche Umsiedlung dennoch nicht:

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